Geschichten von Wihio

Wihio verliert seine Haare
Eines Tages ging Wihio umher, als er zwei junge Frauen dasitzen sah. Er ging zu ihnen hin, er sprach zu sich
selbst: "Ha, hier sind meine Nichten." Er hatte sie nie zuvor gesehen, und er wußte in Wirklichkeit gar nicht,
wer diese Mädchen waren. Da sprach er zu ihnen: "Meine Nichten, ich freue mich, euch zu sehen. Ich habe
Läuse im Haar. Ich möchte, daß ihr sie mir absucht." Also legte er sich hin und jede setzte sich auf eine Seite
und suchte nach Läusen. Während sie das taten, schlief er ein, und derweilen steckten ihm die Mädchen Kletten
ins Haar, soviel wie sie nur finden konnten. Dann standen sie auf und gingen fort.
Nach einiger Zeit erwachte Wihio und fand, daß er den Kopf voller Kletten hatte. Er versuchte, sich ins Haar zu
greifen, aber die Kletten piekten ihn in die Finger. Unwillig ging er nach Hause.
Während er so dahinlief, sah er eine Maus durch das Gras rennen. Wihio sprach: "Halt, Neffe. Ich muß dich eine
Minute sprechen." Die Maus kam zu ihm gerannt und sagte: "Was willst du denn von mir."
Wihio erwiderte: "Ich habe das Haar voller Kletten. Würdest du bitte mir alle Haare abnagen."
Er legte sich hin, streckte sich am Boden aus und die Maus, nicht faul, nagte soviel von seinen Haaren ab,
bis er völlig kahlköpfig war. Als Wihio aufstand und den großen Haufen Haare voller Kletten liegen sah,
sagte er erleichtert: "So ist es gut. Ich fühle mich auch schon viel besser!"
Er ging zu seiner Hütte, und als seine Frau herauskam, um ihn zu besuchen, rief sie entsetzt: "Was ist denn
mit dir geschehen" und schlug ihn auf den Rücken.
Wihio rief: "Warte, prügle mich nicht. Ich habe eine sehr schlimme Geschichte gehört. Ich hörte, ihr wäret alle
tot und vor Kummer habe ich mir alle Haare ausgerauft. Es brachte mich nahezu um, als ich hörte, daß daheim
alle tot seien!"



Die Pfeile eines Medizinmannes
Ein Mann, der große Macht besaß, kam einmal den Bach herunter. Als er zu einem großen Baum gelangte,
hielt er inne und sah ihn sich an. Er war gerade. Ar hatte nicht viel Äste. Da trat er dagegen und fällte den
Baum. Er mußte nur einmal gegen den Baum treten, und schon lag der Baum am Boden. Er machte das so
bei den besten Bäumen, an die er gelangte.
Wihio kam des Weges und sagte zu ihm: "Warum wirfst du die besten Bäume um, mein Bruder?"
Der Mann antwortete nicht, fuhr aber damit fort, die Bäume umzustoßen. Wihio faßte ihn am Arm und sagte:
"Das darfst du nicht tun."
Der Mann erwiderte: "Ich hole mir meine Pfeilstöcke. Bald gehe ich auf den Kriegspfad. Da brauche ich gute,
gerade Pfeile."
Wihio sagte: "So große Bäume lassen sich doch nicht für Pfeile benutzen. Hör auf damit, sie umzuwerfen."
Nun war dieser Mann aber ein Medizinmann, und er sprach: "Misch dich nicht ein. Ich habe dir doch gesagt,
daß ich Pfeilstöcke brauche."
Wihio sprach: "Wenn das Pfeilstöcke sein sollen, dann kannst du ja mal mit einem auf mich schießen."
Der Medizinmann sagte: "Gut, geh dort hinüber und stell dich da hin." Wihio lief ein Stück, eben soweit, wie
ein Pfeil gewöhnlich trägt, blieb stehen, aber der Medizinmann rief ihm zu, er solle noch weitergehen.
Wihio hielt viermal inne und jedes Mal rief der Medizinmann, er sei noch zu nahe. Schließlich kam Wihio auf
die Kuppel eines großen Hügels. Da griff sich der Mann einen der Bäume, richtete das Wurzelende gegen
Wihio und warf ihn. Er brauchte nicht einmal einen Bogen. Der Baum flog auf Wihio zu, und wie er herankam,
machten die Blätter ein Geräusch wie das des Windes. Wihio sah den Baum kommen, denn er kam ganz
langsam daher. Er versuchte sich zu bücken, aber der Baum folgte seinen Bewegungen. Wihio rannte zu einem
Loch und wollte hineinkriechen, aber das Loch war zu eng und er konnte nur seinen Kopf hineinzwängen.
Der Baum schlug ein und riß seinen Körper fort. Nur der Kopf steckte noch in dem Loch.
Der Mann kam zu der Stelle, an der der Kopf lag. Der Rumpf lag ein Stück davon entfernt.
Wihios Kopf sprach: "Hab Mitleid mit mir und setze mich wieder auf den Rumpf."
Der Mann erwiderte: "Ich werde dich heilen. Ich wollte dir nur einmal zeigen, daß ich tatsächlich mit Bäumen
schießen kann.", und darauf setzte er den Kopf wieder auf die Schultern. Wihio war geheilt. "Du bist wirklich
ein guter Schütze", sagte er anerkennend.


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