In den Black Hills nicht nur dem Wilden Westen auf der Spur |
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Es ist ein Reiseziel so recht nach dem Geschmack der Amerikaner. Vier ihrer bedeutendsten Präsidenten (v.l.: G.Washington, Th.Jefferson, Th.Roosevelt, A.Lincoln) in Granit gemeißelt, jeder Kopf 20 Meter hoch, gleich ein ganzer Berg als Denkmal, am schönsten im Vormittagslicht und abends dann ab neun zur Nationalhymne bunt angestrahlt.
Wer eine Reise in die Vereinigten Staaten plant, muss freilich eine Weile suchen, bis er den Stein gewordenen "Schrein der Demokratie" auf der Landkarte findet. Mount Rushmore liegt ein wenig abseits der großen Touristenziele des Westens, in den Black Hills, South Dakota. Dabei hätte die Gebirgsinsel zwischen den Rocky Mountains im Westen und der schier endlosen Prärie im Osten doch so viel zu bieten, noch dazu auf fast europäisch engstem Raum: 18 Gipfel über 2000 Meter, mit die längsten Höhlensysteme der Erde, geheimnisvolle Bergseen in dunklen Kiefernwäldern, prähistorische Mammutknochen in Hot Springs und die größte Konzentration freilebender Bisons überhaupt. Und dann wäre da noch das Klima, das angeblich so gesund sein soll, "dass due einen Mann erschießen mußt, wenn du einen Friedhof eröffnen willst". So hat das mal einer der Westmänner formuliert, die in den 1870ern scharenweise hier einfielen.
"Gold in den Black Hills!" - mit dieser Nachricht hatte General Lieutenant George A. Custer (er war nach South Dakota geschickt worden, um die Gegend vor dem Eisenbahnbau von "feindlichen Rothäuten" zu säubern) eine wahre Lawine losgetreten. Das "Dakota-Fieber" war ausgebrochen, über Nacht entstanden Städte wie Deadwood oder Silver City, wo für ein Säckchen Goldstaub alle Laster der Welt zu haben waren. Es war jene Zeit, die man später in Hollywood zum Wilden Westen verklärte, die Jahre der Revolvermänner vom Schlag eines Sundance Kid, eines Wild Bill Hickok und der Calamity Jane.
Gold und Silber, aber auch der Abbau von schwefelarmer Kohle und Uran sind neben dem Tourismus die entscheidenden Wirtschaftsfaktoren in den Black Hills. Selten tritt dieser Rohstoffreichtum allerdings auch für Besucher so drastisch zu Tage wie am Riesenloch von Lead, wo die größte Goldmine der westlichen Hemisphäre, die Homestake Mine, besichtigt werden kann. Trotz solcher, teilweise gravierender Eingriffe, dürfen die "Schwarzen Berge" (von der dunklen Farbe der Kiefernwälder) noch weitgehend als unberührtes Naturparadies bezeichnet werden. Viel zu weit entfernt liegen die großen Ballungsräume, um hier Besucherstress aufkommen zu lassen.
Gar zu Nationalpark-Ehren hat es ein gewaltiges Labyrinth im Süden der Black Hills gebracht. Mit 114 Kilometern erforschter Gänge ist Wind Cave die siebtlängste Höhle der Welt. Wenigstens eine Stunde unter sachkundiger Führung eines Rangers sollte man sich schon gönnen, um die ungewöhnlichen mineralischen Bildungen aus Kalkspat - Kenner sprechen von den schönsten Steinwaben der Welt - zu genießen. Ihren Namen hat die Höhle von einem gespenstischen Luftzug, der, je nach den Luftdruckverhältnissen an der Oberfläche, rein oder raus pfeift. Wer´s gruselig mag, kann sich bei einer Kerzenschein-Tour 200 Meter unter der Erde das Licht ausblasen lassen ...
Aus dem Grasland hinaus führt der Needles Highway in die höchsten Regionen der Schwarzen Berge. Die abenteuerliche Bergstraße mogelt sich manchmal so eng zwischen den charakteristischen Felsnadeln, den "Needles", durch, dass man dankbar ist, keinen allzu breiten "Schlitten" gemietet zu haben. Wer Zeit hat, schultert am geheimnisvollen Sylvan Lake den Rucksack und erklimmt den 2207 Meter hohen Harney Peak, den höchsten Gipfel der Black Hills.
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BIG BEND NATIONALPARK
"Große Schleife" des Rio Grande gehört zu den eindrucksvollsten US-Nationalparks |
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Big Bend, das ist die große Schleife, die der Rio Grande zwischen San Antonio und El Paso nach Norden macht. Nach Big Bend fahren heißt Abschied nehmen vom flotten Dahingleiten auf der US-Interstate 10, nochmal ein, zwei Stunden durch den texanischen Süden, bis runter an die Grenze zu Mexiko. Am Straßenrand verwaiste Bohrlöcher und verstreutes Weidevieh, mancher Schrott und namenlose Nester, aus denen man ebenso schnell wieder draußen ist wie man drin war. Wohlstand war hier mal, genauso wie marodierende Indianer, spanische Eroberer, amerikanische Soldaten, mexikanische Revolutionäre, Banditen, Bergleute, Farmer und Rancher - aber von allem immer nur ein bisschen: das ist die Besiedlungsgeschichte am Big Bend. Das Weltgeschehen ging hier meistens vorüber - außer vielleicht im November 1968, als der Flecken Terlingua mit der ersten Weltmeisterschaft im Chili-Kochen, dem "Chili-Cookoff", auf die Landkarte rückte.
Seit 1944 gibt es an der "Großen Schleife" auch einen Nationalpark, der mit 3244 Quadratkilometern gewiss nicht zu den kleinen im Lande zählt. Seither kommen die Leute "einfach so" ins Grenzland - zum Wandern, Paddeln, Vögel beobachten, Campen und Landschaft genießen. Auch für Sternengucker ist Big Bend zum Mekka geworden, denn weit und breit verschleiert kein Ballungsraum die Atmosphäre mit Licht und Abgasen. Unterm Strich macht das 250.000 Besucher pro Jahr. Ein Nichts im Vergleich zu den zwei bis drei Millionen eines Yellowstone- oder Yosemite-Parks. Big Bend liegt eben nicht "auf dem Weg", will weder in die Routen der Touristen aus Übersee passen noch in die Wochenenden der Großstadt-Amerikaner.
Winnetouland, Bärenland, Ahornland - die Apachen lebten mal hier, die Schwarzbären noch immer: Alle Vergleiche wollen passen, nur nicht der Gedanke an die mexikanische Grenze, gleich da unten um die Ecke.
Von keinem anderen US-Nationalpark (auch nicht von den Everglades in Florida) wird Big Bend jedoch in seinem Vogelreichtum übertroffen: 400 Arten tummeln sich zu den verschiedenen Jahreszeiten im Park, darunter Schneegänse aus dem hohen Norden ebenso wie Exoten aus Mittelamerika. Je nach Zugrichtung ist der Rio Grande für sie nördliche oder südliche Grenze ihrer Flugroute. Mitte März bis Ende April ist die beste Zeit für Vogelfreunde: Enten, Ufervögel, Greifvögel, Spatzen und Singvögel - alle machen hier Station. Alleine von letzteren findet man in dieser Zeit 53 Arten.
Reisezeit: Ganzjährig geöffneter Park. Die meisten Besucher kommen wegen des milden Klimas im Winter, Spitzenmonat März. Bei genügend Regen Wüstenblüte von März bis Mai (auch beste Zeit für Vogelbeobachtung). Teilweise monsunartige Regenfälle im Juli/August, späte Laubverfärbung November bis Anfang Dezember.
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Bunte Trachten und würziger Korbgeruch
Per Eisenbahn zu den Tarahumara-Indianern in Mexikos Copper Canyon |
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Die erste Begegnung mit den Tarahumara-Indianern findet auf dem staubigen Dorfbahnhof von Bahuicivo in einem Hochtal der Sierra Madre im Norden Mexikos statt. Der Sierra Madre Express hält mit quietschenden Rädern inmitten sonnendurchglühter Häuser und ausgedörrter Felder und die Urlauber lehnen sich neugierig aus dem Zugfenster. Urplötzlich stehen drei dunkelhäutige Frauen auf dem Bahnsteig, die wortlos ihre handgeflochtenen Körbe in die Höhe heben.
Die Tarahumara-Frauen heben sich von den Dorfbewohnern durch ihre kleine Staur und farbenfrohe Kleidung ab. Kräftig gebaut, doch kaum größer und älter als Kinder, tragen sie weite Baumwollröcke und Blusen, deren Farben und Muster miteinander wetteifern. Ein Kopftuch ist unter dem Kinn zusammengebunden und verbirgt lange, schwarze Zöpfe. Abgerundet wird die Tracht durch einen festgewebten Schal, der als Umhang, Gürtel oder Kindertrage dient. Da die Tarahumara-Mädchen früh heiraten, weiß man nie, ob das in den Schal gewickelte Kind nun von der Mutter oder von der älteren Schwester getragen wird. Mit viel Geschick und wenig Worten bringen die Tarahumara-Frauen ihre Körbe schnell an den Mann. "Quanto?", fragen die Reisenden. "Quatro" kommt es leise zurück. Es wird nicht viel gefeilscht, denn vier Dollar, knapp acht Mark, sind billig für die Handarbeiten. Bei der Abfahrt konzentrieren sich die Frauen schon wieder auf das Körbeflechten.
Während die Urlauber noch die feine Handarbeit bestaunen und den würzigen Duft der Körbe einatmet, erklimmt der Sierra Madre Express langsam die unwegsame Bergwelt der Sierra Madre Occidental. Aus dem verglasten Aussichtswagen schweift der Blick über schroff in den Himmel ragende Viertausender. Plötzlich tauchen ein paar mexikanische Sicherheitspolizisten auf, klettern auf die Lokomotive und begleiten den Zug für ein kurzes Stück auf einer steilen Strecke. Wie ein Lauffeuer geht die Nachricht durch den Sonderexpress, dass hier vor kurzem bei einem Überfall ein Schweizer Tourist erschossen wurde, weil er trotz Warnung der Banditen einfach weiter filmte.
Gleich hinter dem Bahnhof von Divisadero öffnet sich der mehrere Kilometer breite Schlund einer Schwindel erregenden Schlucht. Dies ist der durch vulkanische Aktivität entstandene Copper Canyon (Kupfer-Canyon), den die US-Amerikaner gern mit dem Grand Canyon vergleichen. Die Mexikaner nennen dieses zerklüftete Gebiet die "Barranca del Cobre" nach einem Kupferbergwerk, das sich tief im Bauch des Canyons in der Nähe von Tejaban befindet. Der Canyon, der der Gegend den Namen gab, ist nur eines von fünf großen Bergtälern. Das gesamte System ist viermal so groß wie der Grand Canyon.
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