OSCEOLA

Osceola

Osceola, Asi-yahola, (geb. um 1800 am Tallapoosa River, gest. am 30. Januar 1838 in Fort Moultrie), wurde als Creek-Indianer geboren; nach dem Tod seines Vaters im Kampf hatte seine Mutter einen weißen Händler namens William Powell geheiratet. Mehrfach wurde behauptet, Osceolas Vater sei ein Mischling schottischer Herkunft gewesen, doch Osceola wies dies stets zurück: "Kein fremdes Blut fließt in meinen Adern; ich bin ein Vollblut-Muskogee!"
Viele Weiße und Indianer, die ihn näher kannten, bestätigten die Richtigkeit seiner Worte, die auch durch die Tatsache untermauert wird, daß Osceola niemals die englische Sprache beherrschte. Er war immer stolz darauf, Indianer zu sein.
"Bin ich ein Neger, ein Sklave? Meine Haut ist dunkel, aber nicht schwarz, ich bin ein Indianer, ein Seminole. Der Weiße wird mich nicht dunkler machen können. Ich werde den Weißen rot machen mit Blut und ihn dann schwärzen in der Sonne und im Regen, wo der Wolf an seinen Knochen nagen und der Bussard sein Fleisch verzehren wird."
Als auch der zweite Mann seiner Mutter gestorben war, zog sie mit ihrem Sohn nach Nord-Florida, von wo sie 1812 durch die Übergriffe der Sklavenjäger weiter nach Süden vertrieben wurde. 1818 wurden Osceola und seine Mutter von Jackson gefangengenommen und erst freigelassen, als sie versprachen, nach Georgia auszuwandern. Allerdings zogen sie daraufhin noch weiter nach Süden, wo sie schließlich in der Gegend von Silver Springs ansässig wurden. 1825 wurde dort eine Indianeragentur errichtet, die als Fort King bekannt wurde, Indianeragent war General Thompson. Als die Spannungen stärker wurden, stationierte die Regierung Militär in Fort King (1827).

Im Laufe der Zeit hatte sich Osceola als tüchtiger Jäger und ausgezeichneter Redner einen guten Namen unter den Seminolen verschafft. Aber auch die Agentur schätzte ihn wegen seiner Bereitschaft, für ein friedliches Zusammenleben von Weißen und Indianern zu wirken. Seinen Aufstieg zum berühmtesten Anführer der Seminolen hatte er ausschließlich seinen überragenden Fähigkeiten zu verdanken, da er eine Häuptlingswürde weder vererbt noch jemals verliehen bekommen hatte. Auch er konnte sich - wie Pontiac und Tecumseh - schon als blutjunger Krieger auszeichnen: 1819 kämpfte er im ersten Seminolenkrieg gegen General Jackson.
Trotz seiner Creek-Abstammung war er gänzlich den Traditionen der Seminolen verhaftet. Aus einem dieser Bräuche leitet sich auch sein Name ab: "Asi" ist die Bezeichnung für einen bei Zeremonien verwendeten schwarzen Trank aus Stechpalmenblättern, nach dessen Genuß die Krieger langgezogene Schreie ausstießen, die wie "Yaholo" klangen, was auch der Name der Gottheit war, der diese Zeremonie geweiht war. Da Osceola imstande war, erhebliche Mengen dieses Trankes zu sich zu nehmen, bekam er den Namen "Asiyaholo", der von den Weißen zu "Osceola" verballhornt wurde.

Osceolas versöhnliche Haltung verwandelte sich in erbitterte Feindschaft, als seine zweite Frau, Che-cho-ter, Mutter mehrerer Kinder, von Sklavenjägern geraubt wurde und seine Proteste von Thompson ignoriert wurden. Er wurde sogar festgenommen und ins Gefängnis geworfen. Nach seiner Freilassung setzte er alles daran, diese Schmach zu rächen. Sein Einfluß war mittlerweile so groß geworden, daß er sich sogar über Entscheidungen des Oberhäuptlings Micanopy ohne weiteres hinwegsetzen konnte.
1832 war der Vertrag von Payne´s Landing unterzeichnet worden, in dem sich die Seminolen verpflichtet hatten, nach Westen auszuwandern und mit den Creek - die jetzt Feinde der Seminolen waren - in einer Reservation zu leben. Für eine Kommission zur Begutachtung des Landes hatte man vorwiegend Häuptlinge ausgewählt, mit denen man leichtes Spiel zu haben glaubte. Einer von ihnen war Charlie Emathla. Da der Vertrag aber nicht von der Mehrheit des Stammes getragen war, geschah nichts. Deshalb fanden 1834 mehrere Beratungen zwischen den Amerikanern und den Seminolen statt, die ohne Erfolg blieben.
Im Februar 1835 forderte General Church die Indianer auf, Florida zu verlassen; es geschah wieder nichts. Nun lud General Thompson zu einer neuerlichen Zusammenkunft und pochte auf die Vollstreckung des Vertrages; andernfalls werde er die Seminolen für vogelfrei erklären und ihnen weder Waffen noch Munition mehr liefern. Diese Drohung untermauerte er wenig später noch mit einem Schreiben des nunmehrigen Präsidenten Andrew Jackson, in dem dieser unverhüllt droht: "Solltet ihr die Umsiedlung verweigern, habe ich den Kommandeur angewiesen, euch mit Gewalt umzusiedeln."
Micanopy zog sich daraufhin von der Beratung zurück, weil er den Vertrag nicht akzeptieren konnte. Voll Wut erklärte Thompson den Oberhäuptling für abgesetzt, was unter den anderen Häuptlingen einen Sturm der Entrüstung auslöste. Nochmals forderte er die Unterzeichnung des Vertragspapieres, das beim Besuch der Kommission im Indianerterritorium aufgesetzt worden war; unbeweglich blieben die Häuptlinge sitzen. Plötzlich sprang Osceola mit funkelnden Augen auf, zog sein Jagdmesser und durchbohrte damit den Vertrag. Leidenschaftlich rief er: "Das Land gehört uns! So werde ich alle Verträge unterzeichnen!"
Zwar konnte er unbehelligt die Versammlung verlassen, wurde aber kurz darauf von dem in seiner Eitelkeit verletzten Thompson gefangengenommen und eingesperrt. Voll Zorn schrie Osceola: "Die Sonne steht hoch. Ich werde mir diese Stunde merken! Der Agent hatte seinen großen Tag, aber auch meiner wird kommen!"

Auf Betreiben Charlie Emathlas wurde Osceola gegen das Versprechen, für die Auswanderung Reklame zu machen, freigelassen. Natürlich fühlte er sich gegenüber dem verräterischen Thompson an kein Versprechen gebunden und bereitete sich mit anderen, gleichgesinnten Häuptlingen auf einen Krieg vor. Die Häuptlinge, die für die Erfüllung des Vertrages waren, wurden von Osceola als Verräter und Feinde behandelt. Charlie Emathla hatte heimlich mit den Amerikanern verhandelt; angeblich war ihm zugesichert worden, die amerikanische Regierung werde ihn zum Oberhäuptling der Seminolen machen, wenn er die Unterzeichnung des neuen Vertrages erwirke.
Als er das ihm versprochene Geld vom Fort holte, lauerte ihm Osceola, der von dem zwielichtigen Geschäft erfahren hatte, auf und erschoß ihn. Das war gleichsam das Signal für den Ausbruch des zweiten Seminolen-Krieges.
Er begann mit einer Niederlage der Amerikaner, Major Dade geriet mit einhundertzehn Mann bei der Überquerung eines Flusses in einen Hinterhalt und wurde von den Seminolen unter Micanopy und Otee Amathla (Alligator) vernichtend geschlagen. Dade wurde von Micanopy getötet, nur drei Verwundete entkamen. Am selben Tag gelang auch Osceola ein Husarenstück: Mit einigen Getreuen schlich es sich an Fort King heran und tötete eigenhändig den verräterischen Thompson und vier von dessen Freunden. So rächte er sich für die Schmach der zweimonatigen Gefangennahme.
Nach mehreren erfolglosen Auseinandersetzungen wurde der Oberkommandierende der Amerikaner ausgewechselt. General Winfield Scott übernahm am 31. Januar 1836 das Kommando. Am 2. Februar richtete Osceola in einem Brief folgende Worte an ihn:
"Ihr habt Gewehre, wir auch. Ihr habt Pulver und Blei, wir auch. Eure Leute wollen kämpfen, und so werden es unsere auch tun, bis der letzte Tropfen Seminolenblut den Staub unserer Jagdgründe benetzt hat."

Die fast undurchdringlichen Sumpfwälder Floridas bereiteten den amerikanischen Truppen größte Schwierigkeiten. In genialer Weise wußte sich Osceola die geografischen Gegebenheiten für seine Strategie zunutze zu machen. Anfang 1836 marschierte General Edward P. Gaines mit eintausendeinhundert Mann von Fort Brooke nach Fort King, fand aber dort keine ausreichenden Vorräte und kehrte um. Am 27. Februar 1836 griff ihn Osceola an. Während der Waffenstillstandsverhandlungen kehrte eine andere Expedition unter General Clinch gerade zurück und eröffnete sofort das Feuer, wobei zwei Indianer und ein Schwarzer, Mitglied der Verhandlungsdelegation, erschossen wurden. Osceola konnte mit den anderen Unterhändlern fliehen. General Gaines wurde wegen seiner nutzlosen Aktion degradiert. Während des ganzen Jahres 1836 konnte Scott keinerlei Erfolge erzielen, so daß neuerlich das Kommando wechselte. Der Oberkommandierende war diesmal General Jesup. Er versprach den Indianern, daß auch die bisher vom Vertrag immer ausgeschlossenen Seminolen schwarzer Hautfarbe umsiedeln dürften, Osceola lehnte aber ab.
General Jesup war nun jedes Mittel recht, um den Erfolg zu erzielen, der seinen Vorgängern versagt geblieben war. Im September 1837 fiel der Häuptling Hemita Imathla mit fünfunddreißig Leuten in die Hände der Amerikaner. Er schickte eine Botschaft an Osceola, in der er ihn bat, Verhandlungen aufzunehmen.
Osceola, der damals schon malariakrank gewesen sein soll, vereinbarte ein Treffen mit General Jesup in Three Pines, sieben Meilen von St. Augustin. Am vereinbarten Treffpunkt lauerte auf Anweisung Jesups ein Trupp Soldaten unter Colonel Ashby. Osceola wurde heimtückisch überfallen und in billigem Triumph fortgeschleppt. Wegen seiner Krankheit konnte er nicht weiter als bis nach Fort Moultrie in Süd-Carolina gebracht werden.

Osceola Catlin, der berühmte Indianermaler, besuchte Fort Moultrie im Jahre 1838 und beschrieb in seinen Erinnerungen Osceolas letzte Tage. Fünf Tage vor Osceolas Tod fertigte Catlin ein Porträt des großen Seminolen-Führers an.
"Dieser junge Mann ist zweifelsohne der außerordentliche Charakter, als der er seit einigen Jahren bekannt ist, und wird von den Seminolen unbestritten als geistiger Führer des Stammes angesehen, obwohl er kein Häuptling ist ... Aufgrund dessen, was ich gesehen und von Osceola selbst sowie von den Häuptlingen um ihn herum gehört habe, bin ich völlig überzeugt davon, daß er ein ganz ungewöhnlicher Mann ist, der Anspruch auf ein besseres Schicksal hätte ... Seine Gestalt ist mittelgroß, seine Bewegungen geschmeidig und elegant; seine Gesichtszüge sehen gut aus, sein Lächeln ist etwas weich. Doch sein Charakter ist so außergewöhnlich, daß man die ganze Welt durchsuchen könnte, ohne einen ähnlichen zu finden."
Sein Auftreten soll von königlicher Würde gewesen sein, die durch den durchdringenden Blick seiner schwarzen Augen noch unterstrichen wurde. Am 30. Januar 1838 starb Osceola an einer akuten Halsentzündung. Sein Leichnam wurde mit militärischen Ehren bestattet. Dr. Frederick Weedom, sein Arzt, behielt das Haupt für sich; später wurde es in New York in einem medizinischen Institut aufbewahrt, wo es 1866 bei einem Brand vernichtet wurde.
Als die näheren Umstände der Gefangennahme Osceolas durch eine Kommission unter der Leitung von John Ross, dem obersten Häuptling der Cherokee, aufgedeckt und bekannt gemacht wurden, erhob sich auch bei einem Teil der Amerikaner ein Sturm der Entrüstung, der sich besonders gegen den hinterhältigen General Jesup richtete.

1966 wurde Osceolas Grab in Fort Moultrie von seinen Verehrern geöffnet und die sterblichen Überreste heimlich in die Everglades gebracht.

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