Die Vertreibung aus dem Südosten
Anfang des 19. Jahrhunderts stellten die großen indianischen Nationen des Südens - die Cherokee, Choctaw, Chickasaw und Creek - für die jungen Vereinigten Staaten keine militärische Bedrohung mehr da. Doch bei ihnen selbst tat sich eine tiefe Kluft auf zwischen jenen, die an ihrem traditionellen Leben festzuhalten versuchten, und der wachsenden Mehrheit derer, die die materielle Kultur der Weißen übernahmen.
1812 kam es bei den Creek über diese Frage zu einem blutigen Bürgerkrieg. Die Creek oder Muskogee hatten ihren englischen Namen von frühen Händlern erhalten, denen aufgefallen war, daß ihre Siedlungen gewöhnlich an Wasserstraßen im Landesinnern lagen. Sie bildeten eine weitverzweigte Konfördeartion aus Nachkommen der Coosa und vieler anderer Mississippi-Stämme, denen de Soto im 16. Jahrhundert in den Regionen der heutigen Staaten Georgia, South Carolina und Alabama begegnet war. aufgrund ihrer Größe und Stärke, aber auch wegen ihrer geographischen Lage inmitten der Gebiete, um die England, Frankreich und Spanien konkurrierten, hatten sie großen Einfluß gewonnen.
Den Höhepunkt ihrer Macht hatten die Creek vor dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg erreicht. Ihre riesige Konföderation, die vom Landhunger der Weißen noch relativ unberührt war, verfügte über sechstausend Krieger aus hundert Dörfern. Doch nach der Revolution der Amerikaner wandte sich das Blatt für die Indianer. Baumwollpflanzer, Spekulanten und arme weiße Siedler drangen in ihr Land ein, und die Geschichte anderer Grenzkonflikte wiederholte sich auch hier - die Creek spalteten sich in ein pro- und ein antiamerikanisches Lager.
Mit dem Ausbruch des Krieges von 1812 brachen die antiamerikanischen Upper Creek - wegen ihrer rot bemalten Stöcke, die ihnen nach den Worten von Tecumsehs Anhängern in der Schlacht helfen würden, hießen sie auch Red Sticks - mit den Proamerikanischen Lower Creek und kämpften auf der Seite der Briten. Am 30. August 1813 stürmten Upper Creek das amerikanische Fort Mims im Süden Alabamas und töteten über 350 Menschen. Sofortige Vergeltungsmaßnahmen von Bundessoldaten und Miliz waren die Folge; dabei wurden die Truppen von Lower Creek, Cherokee und Choctaw unterstützt. Am 27. März 1814 kämpften dieselben Stämme bei Horseshoe Bend am Tallapoosa River mit einer mehrere tausend Mann starken Miliz-Armee aus Tennessee, angeführt von Andrew Jackson, gegen die Upper Creek unter ihrem Kriegshäuptling Menawa. Über tausend Krieger der Red Sticks kamen dabei ums Leben. Einige Monate später berief Jackson eine Vertragskonferenz mit den proamerikanischen Lower Creek ein und zwang sie trotz der Hilfe, die sie ihm gegen ihre eigenen Verwandten gewährt hatten, über 30.000 km² - etwa zwei Drittel des Landes aller Creek - an die Vereinigten Staaten abzutreten.
Menawa, ein Häuptling der Upper Creek und Führer der Red Sticks im Krieg 1813/14. A. Jackson besiegte ihn in der Schlacht am Horseshoe Bend. Er wurde von sieben Kugeln getroffen und für tot gehalten; doch es gelang ihm, sich vom Schlachtfeld zu schleppen. Er wurde wieder gesund, mußte aber kapitulieren und sein Land und seine Besitztümer aufgeben. Obwohl er sich der Umsiedlung standhaft widersetzte, wurde er mit seinem Stamm 1836 ins heutige Oklahome verbracht. |
Die meisten Cherokee, Choctaw, Creek und Chickasaw waren nach dem Krieg von 1812 noch in ihren Heimatgebieten ansässig und wollten dort auch bleiben. Die Führer dieser Nationen waren davon überzeugt, daß das Überleben der Stämme im Süden nicht nur von einer friedlichen Koexistenz mit den Weißen abhing, sondern auch von der Übernahme des amerikanischen Lebensstils, und versuchten deshalb, die Akkulturation ihrer Völker zu beschleunigen. Viele Cherokee hielten zwar an ihren Traditionen fest, doch der Großteil paßte sich der herrschenden Gesellschaft an.
Dies trug ihnen bei den Weißen das Attribut "zivilisiert" ein.
Dieser Prozeß kam 1801 mit der Ankunft der Herrnhuter in Schwung; 1817 folgten weitere Missionare. Sie christianisierten die Cherokee, siedelten sich unter ihnen an und brachten ihnen Ackerbaumethoden der Weißen, Handwer sowie das Lesen und Schreiben des Englischen bei. In den 1820er Jahren wurde die Akkulturation durch Sequoyah beschleunigt, einen Cherokee-Veteran aus Jacksons Armee bei Horseshoe Bend. Er erfand ein Cherokee-Alphabet und arbeitete Regeln für die Schreibung dieser Sprache aus. Die Cherokee lernten sehr schnell lesen und schreiben; schon 1828 begann der Stamm, in Cherokee und Englisch eine Zeitung namens The Phoenix zu publizieren. Der Herausgeber war Elias Boudinot; ein
gebildeter Cherokee, der eine Missionsschule in Connecticut besucht hatte.
Im selben Jahr übernahmen die Cherokee ein neues politisches System, das zum größten Teil auf dem Vorbild der Vereinigten Staaten beruhte. Die Delegierten des Stammes schufen bei einer konstitutionierenden Versammlung eine Regierung mit einem Oberhäuptling, einem aus zwei Kammern bestehenden Rat und einem Gerichtswesen. John Ross, ein Mischling, wurde zum Oberhäuptling gewählt und hielt dieses Amt bis zu seinem Tod 1866 inne. Er war von den Missionaren erzogen worden,
sprach nur wenig Cherokee, kleidete sich wie ein reicher, weißer Südstaatler und besaß Handels- und Schiffahrtsunternehmen sowie eine große Plantage mit Sklaven. Doch er war seinem Volk sehr ergeben und fand seine treuesten Anhänger bei den reinrassigen Cherokee. Unter seiner Regierung wurden Gelder aus dem Verkauf von Land für den Aufbau der Hauptstadt Echota verwendet, die mit imposanten Regierungsgebäuden ausgestattet wurde. Viele Cherokee waren zwar gegen die Zunahme von Gesetzen und Reglementierungen, doch die Befürworter des Wandels setzten sich durch und schufen eine starke, auf Ackerbau basierende Wirtschaft, ein komplexes politisches System und ein fortschrittliches Rechtswesen.
Die Choctaw, Chickasaw und Creek folgten mehr oder weniger dem Beispiel der Cherokee; in jedem Stamm entwickelte sich eine wohlhabende indianische Elite, die sich der Mode entsprechend kleidete, in zweistöckigen Plantagenvillen wohnte, Sklaven und schöne Kutschen besaß und mit dem Lebensstil ihrer reichen weißen Nachbarn wetteiferte. Bei nichtindianischen Besuchern und Schriftstellern aus dem Norden wurden diese vier Nationen zusammen mit den Seminolen als die "Fünf Zivilisierten Stämme" bekannt.
Doch für die weißen Südstaatler waren sie nach wie vor Indianer. Vor allem für die Bürger von Georgia war dieser Staat im Staate und die Tatsache, daß sie viel fruchtbares Land besaßen, untragbar. 1802 hatte Georgia seine Rechte auf Land im Westen an die Bundesregierung abgetreten und dafür das Versprechen erhalten, sämtliche indianischen Rechte auf Land im Staatsgebiet aufheben und die Indianer ausweisen zu dürfen. Dazu war es zwar nicht gekommen, aber 1817 nötigte Jackson unter Einsatz von Bestechung mehreren Führern der Cherokee einen Vertrag auf, durch den sie ein Drittel des Territoriums ihres Volkes gegen ein Gebiet gleicher Größe im Westen des Arkansas Territory einzutauschten. Bis 1835
waren fast sechstausend Cherokee freiwillig in das neue Land emigriert.
Gleichzeitig wurde auch auf die Creek in Georgia Druck ausgeübt, um sie zur Aufgabe ihres Landes zu bewegen. William McIntosh, ein Mischling und der Oberhäuptling der Lower Creek, die mit Jackson gegen die Red Sticks gekämpft hatten, erhielt 1825 25.000 Dollar dafür, daß er die Creek zum Tausch all ihrer Gebiete in Georgia und Alabama gegen Land in Arkansas überredete. Opothleyahola, der Häuptling der Upper Creek, widersetzte sich der Umsiedlung und warnte McIntosh, daß der Stammesrat der Creek für jeden, der Land verkaufte, die Todesstrafe bestimmt habe. McIntosh und seine Anhänger unterschrieben dennoch ein entsprechendes Dokument, woraufhin des Stammesrat die Todesurteile ausführte.
Zwar hob Präsident John Quincy Adams den betrügerischen Vertrag auf, doch es wurde ein neuer ausgehandelt, dem zufolge die Creek ihre großen Gebiete in Alabama behalten durften, ihr Land in Georgia aber gegen Grund im Westen eintauschen mußten. 1828 gingen über 1.300 von ihnen freiwillig in das neue Land; die anderen in Georgia ansässigen Creek mußten sich ihren Verwandten in Alabama anschließen. Ein englischer Reisender beschrieb sie als verarmt, hungernd und schlecht gekleidet, "und sie wandern umher wie Bienen, deren Stöcke zerstört wurden".
Die Wahl Andrew Jacksons zum Präsidenten der USA im Jahre 1828 war für die Indianer eine Katastrophe. Er wollte, nötigenfalls mit Gewalt, alle Stämme des Ostens in die damals noch wenig bekannte "Great American Desert" westlich des Mississippi umsiedeln, wo kein Weißer je Land besitzen wolle - wie man damals vermutete. Gleich nach seiner Wahl wurde in Georgia ein Gesetz verabschiedet, mit dem die polizeiliche und juristische Gewalt des Staates auf die dort lebenden Cherokee ausgedehnt wurde. Die Regierung von Georgia bat Jackson um Hilfe, woraufhin er den Druck auf die Stämme erhöhte und die Umsiedelung der Indianer zu einer nationalen Aufgabe machte.
Die "zivilisierten Stämme" wurden Opfer einer Politik, die im späten 20. Jahrhundert als ethnische Säuberung bekannt werden sollte.
Schließlich entdeckte man auf dem Land der Cherokee Gold. Tausende von Weißen überschritten nach 1829 die Grenzen der Cherokee Nation und machten Ansprüche auf das Land geltend. Die Bundesregierung ließ dem zur Vertreibung der Indianer entschlossenen Staat Georgia freie Hand, indem sie ihre Truppen abzog. Georgia erließ Staatsgesetze, die den Cherokee verboten, Gold zu schürfen, vor Gericht gegen Weiße auszusagen und politische Versammlungen abzuhalten - es sei denn in der Absicht, Land zu verkaufen. Damit war es für einen Cherokee unmöglich, Gerechtigkeit einzufordern. Indianische Appelle an Washington wurden von Präsident Jackson ignoriert. Er riet vielmehr einem Senator aus Georgia, "den Indianern tüchtig einzuheizen. Wenn es ihnen zu heiß wird, werden sie gehen".
Im Herbst 1829 trat - unter Mißachtung der Gesetze Georgias - der Stammesrat der Cherokee zusammen und ordnete für den Verkauf von Stammesland die Todesstrafe an. aber es war zu spät. Am 28. Mai 1830 verabschiedete der Kongreß den "Removal Act", ein Gesetz, das die zwangsweise Umsiedlung der östlichen Stämme in den Westen vorsah.
Die Choctaw, deren Häuptling Pushmataha sein Volk im Krieg von 1812 auf die Seite der Amerikaner gestellt hatte, bekamen die neuen Gesetze als erste zu spüren. Mit Bestechung und Nötigung brachten Unterhändler der Bundesregierung den Stamm im September 1830 dazu, mit dem Vertrag von Dancing Rabbit Creek sein Land in Alabama und Mississippi abzutreten und nach Arkansas umzusiedeln. Während der nächsten vier Jahre starben über viertausend der dreizehntausend Choctaw, die nach Westen aufbrachen, an Hunger und Krankheiten oder erfroren auf dem langen, harten Marsch in ihre neue Heimat im Winter wegen extremer Kälte. Weitere siebentausend konnten der Zwangsemigration entkommen; sie blieben in Mississippi und wurden schließlich Bürger dieses Staates.
1832 unterschrieben die Creek einen weiteren Vertrag, mit dem sie ihr gesamtes Gebiet in Alabama abtraten. Obwohl die Menschen hungerten und verzweifelt waren, weigerte sich die Mehrheit zunächst, das Land zu verlassen. Aber weiße Landspekulanten, arme, landhungrige Familien und Baumwollpflanzer, die neue Plantagen anlegen wollten, besetzten es, vertrieben die Indianer und eigneten sich ihren Besitz und ihr Vieh an. Schließlich begannen die Gruppen der Lower Creek, Siedler zu überfallen, Häuser und Scheunen in Brand zu stecken, Lebensmittel zu stehlen und Weiße zu töten. In einer schmerzlichen Neuauflage des Bürgerkriegs der Creek unterstützte McIntoshs alter Widersacher Opothleyahola, obwohl er mit allen Mitteln gegen die Umsiedlung opponierte, eine amerikanische Armee gegen die "feindseligen Banden". Die Regierung "belohnte" ihn, indem sie die sofortige Umsiedlung des ganzen Stammes anordnete.
Im Sommer 1836 brachte die Armee 800 "feindselige" Creek und ihre Familien in Handschellen und Ketten nach Arkansas (das der Kongreß per Gesetz zum "Indian Territory" deklariert hatte). Bald darauf ging auch Opothleyahola mit seinen Leuten in den Westen. Es war eine grausame Reise. Die Creek schätzten, daß sie im Zuge der Deportation 45 Prozent ihrer Bevölkerung von 22.000 Menschen verloren.
Jetzt wandte die Regierung ihre Aufmerksamkeit den angepaßteren und deshalb problematischeren Cherokee zu. John Ross hatte zwischen 1830 und 1838 mehrere Reisen nach Washington unternommen, um eine Umsiedlung zu verhindern. Er traf sich oft mit Mitgliedern des Kongresses unter Präsident Jackson, unter dem er während des Krieges gegen die Creek als Soldat gedient hatte. Doch seine Bemühungen blieben erfolglos. Zweimal wandten sich die Cherokee auch an den Obersten Gerichtshof. 1831 verklagten sie den Staat Georgia, die illegale Aneignung von Besitz der Cherokee Nation einzustellen und anzuerkennen, daß der Stamm nicht der Rechtsprechnung Georgias unterlag. Doch das Gericht zerstörte die Hoffnungen der Cherokee, indem es erklärte, daß es für diese Frage nicht zuständig sei. Der Oberste Richter John Marshall, ein Föderalist der alten Schule und Gegner Jacksons, erkannte die zunehmende militärische Macht der Vereinigten Staaten über die Indianer und lieferte mit seiner Entscheidung eine bedeutsame Neudefination der Beziehung zwischen den Stämmen und der US-Regierung. Darin hieß es, die Indianer sollten künftig als "abhängige Binnennationen" betrachtet werden, deren Beziehung zu den "Vereinigten Staaten der eines Mündels zu seinem Vormund vergleichbar ist". Damit wurde impliziert, daß die Regierung zum Schutz der Cherokee verpflichtet sei. Doch Jackson ignorierte das Urteil.
Stand Watie, der die Umsiedlung befürwortet hatte und ein erbitterter Feind von J. Ross war, stellte ein Cherokee-Regiment auf, das im Bürgerkrieg für die Südstaaten kämpfte. Nach seiner Beförderung zum General erhielt er das Kommando über alle indianischen Truppen der Konföderierten und führte sie in mehr Schlachten, als jede andere Einheit des Südens jenseits des Mississippi schlug. Am Ende des Krieges war Watie der letzte General der Konföderation, der kapitulierte. |
1832 zogen die Cherokee mit weißen Fürsprechern noch einmal vor das Oberste Gericht. Samuel A. Worcester und andere Missionare waren zu Gefängnisstrafen verurteilt worden, weil sie ohne Genehmigung des Staates Georgia und ohne ihm die Treue zu schwören, bei den Cherokee gelebt hatten. Dieses Mal stellte sich Richter John Marshall unmißverständlich auf die Seite der Indianer und erklärte, die richterliche Gewalt der Cherokee liege ausschließlich bei der Bundesregierung; der Staat Georgia habe kein Recht, Gesetze zu erlassen, die den Stamm berührten.
Die Cherokee waren begeister; sie glaubten, damit habe Georgia jegliche Gewalt über sie verloren und ihr Land und ihre Gesetze seien wieder ganz in der Hand ihrer Nation. Doch Jackson überging auch dieses Urteil und ermutigte Georgia, das gleiche zu tun. Angeblich soll er in privatem Kreis gesagt haben: "John Marshall hat sein Urteil gefällt, jetzt soll er es umsetzen."
Die Tage der Cherokee Nation waren gezählt: 1833 veranstaltete der Staat Georgia eine Lotterie mit Land und Besitz der Cherokee. Dem weißen Lebensstil angepaßte indanische Persönlichkeiten, darunter John Ross und John Ridge - der Sohn von Major Ridge, einem der prominentesten Männer der Vereinigten Staaten -, verloren ihre Plantagen und mußten mit ihren Familien nach Tennessee umsiedeln. Im gesamten Gebiet wurden die Indianer gezwungen, ihre Häuser zu verlassen; Felder und Vieh wurden ihnen geraubt. Die Regierungsgebäude in New Echota wurden an Besitzer von Gewinnlosen übergeben. Major Ridge, sein Sohn und sein Neffe Elias Boudinot waren zwar gegen die Umsiedlung, doch als sich die Situation zuspitzte, verloren sie den Mut; überzeugt, daß ein Blutvergießen sonst unvermeidlich sein würde, änderten sie ihren Standpunkt.
1834 spalteten sich die Cherokee in zwei Lager - die Befürworter der Umsiedelung unter Major Ridge und die Gegner unter der Führung von John Ross. Im darauffolgenden Jahr handelte Ridge einen Vertrag aus, mit dem er das Land der Cherokee für fünf Millionen Dollar verkaufte. Bei seiner Rückkehr lehnte der Regierungsrat der Cherokee diesen Vertrag einstimmig ab. Trotzdem trafen sich Ridge und seine Anhänger heimlich in New Echota und unterzeichneten ihn, obwohl ihnen die Konsequenzen bekannt waren. Trotz wütender Proteste Ross´ ratifizierte der Senat der Vereinigten Staaten den Vertrag, der den Cherokee für die Umsiedlung in den Westen eine Frist von drei Jahren einräumte. Während dieser Zeit arbeitete Ross unermüdlich, aber ohne Erfolg, um den Vertrag anullieren zu lassen. Ridge zog zwar mit seiner Familie und seinen Anhängern in das Indianerterritorium, doch die große Mehrheit der Cherokee unter Führung von Ross traf keinerlei Vorbereitung für die Emigration.
Im Sommer 1838 schließlich traf General Winfield Scott mit 7000 Soldaten in Georgia ein, um die Cherokee auf die eine oder andere Weise zum Verlassen ihres Landes zu zwingen - eine Aufgabe, die ihn keineswegs begeisterte. Tausende von Indianern wurden mit vorgehaltenem Bajonett in Lagern zusammengetrieben,
die man heute Konzentrationslager nennen würde und warteten auf ihren Abmarsch nach Westen; nur einige Gruppen entkamen in die Berge.
Man ließ ihnen keine Zeit, sich auf die mühevolle Reise vorzubereiten, sie durften weder ihr Land verkaufen noch ihren Besitz veräußern. Plündernd und sengend fielen die Weißen über die Farmen her und eigneten sich an, was sie wollten. Einigen Cherokee gelang es, in Schluchten und Wälder der Great Smoky Mountains zu flüchten. Ihre Nachkommen leben dort heute noch. Für die 18 000 Cherokee begann der "Marsch der tausend Meilen", den die Cherokee bis heute den Zug der Tränen nennen, er wurde zu einem der großen Todesmärsche der Geschichte.
Schlecht gekleidet, schlecht ernährt, ohne jede medizinische Betreuung, von den Soldaten mit Bajonetten vorwärts getrieben, erlitten die Cherokee schwere Verluste. Für den mörderischen Treck benönigten sie ungefähr sechs Monate. Ross´ Frau gehörte zu jenen, die unterwegs an Hunger, Kälte oder Verzweifelung starben. Einer Schätzung zufolge kamen etwa 4000 Cherokee um, aber diese Zahl ist zweifellos zu niedrig.
Zu derselben Zeit, als diese Menschen in Scharen starben, berichtete der Präsident dem Kongreß, die Regierung hätte das Problem der Indianer "überall gerecht und gütlich gelöst; man bemüht sich um ihre Zivilisation und wird von den besten humanitären Gefühlen geleitet; unablässig achtet man darauf, daß die Indianer nicht durch Einzelpersonen Schaden leiden".
Im Indianerterritorium bauten die Cherokee ihre Gesellschaft und ihr Wirtschaftssystem langsam wieder auf. Doch die Spaltung in zwei Lager blieb; 1839 wurden Major Ridge, sein Sohn und Elias Boudinot wegen der Unterzeichnung des Vertrages von New Echota ermordet.
Zwischenzeitlich, im Winter 1837/38, mußte auch der letzte der südlichen Stämme, die Chickasaw aus Mississippi und Alabama, ins Indian Territory umsiedeln. Sie leisteten kaum Widerstand.
Der Removal Act kam auch im Norden zur Anwendung. Viele Nationen zwischen dem Ohio River und den Großen Seen wurden westlich des Mississippi abgedrängt: Pontiacs Odawa, Little Turtles Miami, Tecumsehs Shawnee, Black Hawks Sauk und Fox, die Delaware und andere wurden zunächst in das heutige Iowa und Kansas umgesiedelt und mußten sich am Ende das Indian Territory mit den Stämmen aus dem Süden teilen. Einige Nationen, etwa die Menominee und der Großteil des Seneca, wehrten sich mit Erfolg gegen die Deportation, und einzelne Gruppen der Miami und anderer Stämme konnten zurückkehren und sich wieder in ihrem Land niederlassen.
Im Osten leben fünf der Sechs Nationen der Haudenosaunee noch heute auf Land, das vor der Ankuft der Europäer zum Gebiet der Irokesen gehörte. Ebenso wie andere Stämme und Gruppen von Maine bis Georgia, die vor der amerikanischen Unabhängigkeit von Weißen überrannt wurden, waren sie von der Umsiedlungspolitik nur wenig betroffen. Passamaquoddy, Abenaki, Wampanoag, Pequot, Piscataway, Shinnecock, Nanticoke, Chickahominy, die Gruppen, die sich zu den Lumbee zusammengeschlossen und viele andere lebten weiterhin unbeachtet im Osten. Einige Choctaw sowie Seminolen, Mikasuki und die östlichen Cherokee, sowie kleine Gruppen von Indianern an der Golfküste entkamen der Umsiedlung oder widersetzten sich mit Erfolg; sie leben noch heute im Süden.
Die Nationen, die seit den 1830er Jahren im Indianerterritprium lebten, wurden bald darauf durch den Bürgerkrieg wieder auseinandergerissen. Man zwang sie, Partei zu ergreifen, und manche entschieden sich für die Union, andere für den Süden. Cherokee, Creek und Seminolen kämpften auf beiden Seiten. Armeen der Union und der Konföderierten suchten das Indian Territory heim und zerstörten den bescheidenen Wohlstand, der sich dort zu entwickeln begann. Der letzte Offizier, der bei Kriegsende kapitulierte, war Stand Watie, ein Cherokee und General der konföderierten Kavallerie.
Bald nach Kriegsende wurde das Indian Territory für weiße Siedler geöffnet und 1907 dem neuen Staat Oklahoma einverleibt. Laut Vertrag sollte es den Indianern gehören, "solange das Gras wächst und die Flüsse fließen".
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