»Das Symbol des weissen Mannes ist das Viereck. Alles hat Ecken und scharfe Kanten.« So brachte Lame Deer (1900-1974), Medizinmann der Sioux, unsere Kultur auf den Punkt.
Im Denken der Prärie-Indianer ist jedoch der Kreis Sinnbild des Lebens und des Großen Geistes. Im Kreis sitzen die Menschen um das Feuer, und vielleicht entstand so das Tipi: indem man über dem Kreis ein Dach errichtete.
Die Sioux, die Cheyenne, Kiowa und Blackfeet stellten ihre Zelte im Kreis auf und bildeten so den »Ring des Volkes«. Nach Osten war er offen, wie auch der Eingang aller Tipis nach Osten zur aufgehenden sonne zeigte. So war die Zeltöffnung auch von der Wetterseite abgewandt.
Das Tipi, dessen Name aus der Sprache der Dakota-Sioux kommt und "zum Wohnen" bedeutet, war die Ganzjahresbehausung der nomadischen Stämme. Es ließ sich schnell errichten und war leicht zu transportieren. Mit etwa fünf Metern Durchmesser (an der Basis) bot es einer mehrköpfigen Familie Platz.
Im Winter brachte man gegen die Kälte ein Innenzelt an und füllte den Zwischenraum mit Stroh. Im Sommer schlug man den unteren Rand der Hülle hoch und hatte eine schattenspendende Laube. Als Zeltplane benutzen die Indianer zusammengenähte Büffelhäute, ab 1800 auch Leinwand. Manche Stämme im Westen, wo Büffelleder rar war, bedeckten ihr Tipi mit Schilfmatten. Denn die Indianer konnten sich ihre Baustoffe nicht aussuchen - sie verwendeten Rohmaterial, das die Natur ihnen bot.
Dabei entwickelten sie völlig unterschiedliche Hausformen - auch rechteckige. Der Anthropologe Peter Nabokov und der Architekt Robert Easton haben viele Indianerstämme besucht und ihre Bauweise in dem Buch »Native American Architecture« dargestellt. Sie fanden heraus, daß manche Familien noch heute so wohnen wie ihre Vorfahren. sie ziehen ihre naturnah gebauten Hütten den klimatisierten Häusern vor, die die US-Regierung für sie errichten ließ.
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Einzelne Clans der Hopi leben zum Beispiel in traditionellen Pueblos: Das sind mehrstöckige Gebäude aus einer Vielzahl von einzelnen, rechteckigen Zimmern. Diese Bauweise erlebte ihre Blütezeit unter den Anasazi, die von 9.000 bis 13.000 im Südwesten der USA siedelten. Sie errichteten ihre Pueblos aus Sandsteinplatten, die sie mit Lehm vermauerten. So entstanden kleine Stadtstaaten mit einigen hundert bis tausend Bewohnern. Später benutzten ihre Nachfolger, unter anderem die Hopi, luftgetrocknete Lehmziegel.
In den Wüsten des Südwestens errichteten die Indianer die einzigen Bauwerke, die Jahrhunderte überstanden. Die mehrstöckigen Gebäude bestehen aus aneinandergebauten Räumen mit jeweils etwa zehn Quadratmetern Fläche. Ursprünglich hatten sie keine Türen. Die Kammern erreichte man über Leitern durch eine Öffnung in der Decke. Die Holzrahmen für Fenster und Türen haben die Indianer von den Weißen übernommen. Zudem gab es noch Kivas, runde Kammern, in denen sich die Pueblo-Bewohner zu religiösen Feiern trafen.
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Auch im Nordwesten der USA erforderte das Material eine rechteckige Bauweise. Hier gibt es ausgedehnte Zedernwälder. Ihr Holz läßt sich mit Keilen leicht zu Brettern spalten, die fast einen Meter breit sind. Viel Mühe machte es jedoch, die mächtigen Stämme zu fällen, denn Metallwerkzeuge hatten die Indianer vor Ankunft der Weißen nicht. Balken und Bretter wurden mit Steinäxten und scharfkantigen Muschelschalen bearbeitet. Da es keine Nägel gab, verbanden die Indianer die Planken mit elastischen Zweigen.
Die größten dieser Häuser maßen etwa 12 mal 60 Meter. Hunderte von Menschen fanden darin Platz. Ein großes und besonders schön bemaltes Haus gehörte dem Häuptling. Er feierte darin Feste mit vielen Gästen - zum Beispiel das "Potlach", bei dem er Geschenke verteilte und dadurch seinen Einfluß festigte.
Die kleineren Häuser boten Wohnraum für eine Sippe. Diese feste Behausung benutzten die Indianer des Nordwestens aber nur im Winter: Im Sommer zog es sie an die Küste zum Fischfang oder in die Wälder zur Jagd. Dort errichteten sie einfache Hütten oder Schutzdächer, die sie aus mitgebrachten Brettern des Winterhauses zusammenbauten.
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Als weiße Einwanderer Nägel und gesägte Bretter ins Land brachten, entstanden die hölzernen Rundhäuser in Kalifornien. Ihr Vorläufer ist das Erdhaus, wie es zum Beispiel die Navajo im Süden bauten.
In einer Grube mit vier bis zehn Metern Durchmesser wurden Balken, ähnlich wie bei einer Blockhütte, übereinandergelegt. Sie bildeten die Seitenwände des Hauses mit sechseckigem Grundriß. Über die Ecken legte man dann kurze Balken solange versetzt übereinander, bis das Dach geschlossen war. Nur ein Rauchloch blieb offen. Schließlich wurde das Dach mit Erde bedeckt - oder das ganze Gebäude, das dann wie ein kleiner Hügel aussah.
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Die Hidatsa bauten ihre Häuser anders: Sie legten die Balken konisch in Zeltform aneinander und schütteten bis zur Spitze rundherum Erde auf. Luftiger wohnten dagegen die Seminolen im feuchten und heißen Florida. Die Chickees, wie ihre Häuser genannt werden, bestanden nur aus einem giebelförmigen Dach, das auf Pfosten ruhte. Es war mit Palm- oder Schilfblättern gedeckt und schützte eine erhobene Plattform, die den Boden bildete. So konnte die Luft optimal zirkulieren. Die Bewohner blieben bei Überschwemmungen trocken und waren vor Schlangen und Alligatoren sicher.
Ein Seminolen-Camp bestand aus jeweil eigenen Hütten für Männer, Frauen und Gäste. Dazu kamen eine Eßhütte und ein Chickee für die Babys - alle im Kreis um das Kochhaus errichtet.
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Als Synonym indianischer Behausungen kennen wir den Wigwam. Dieses Wort aus der Sprache der Algonkin-Indianer im Nordosten der USA bedeutet schlicht »Wohnung«.
Der Wigwam wird aus elastischen Buchen- oder Birkenstämmchen errichtet, die manchmal im Kreis, oft aber im Oval in den Boden gesteckt werden. Die freien Enden von zwei gegenüberliegenden Stöcken werden verbunden, wodurch ein halbkugeliges Gerüst entsteht. Es wird mit Rindenstreifen bedeckt, die mit elastischen Wurzeln befestigt werden.
Indianer an der Atlantikküste bauten ihr Wigwam in der Form eines Spitzzeltes, das sie mit Rindenbahnen abdeckten. Andere Stämme nahmen statt Rinde Schilfmatten. Eine ähnliche Form wie das Wigwam hatte das Wickiup der Apachen, das mit Grasbücheln bedeckt wurde. Alle Wigwams ließen sich schnell errichten: Sie waren die Wohnungen der halbnomadischen Stämme, die in jeder Jahreszeit einen anderen Lagerplatz aufsuchte.
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Ähnlich wie das Wigwam ist auch das Langhaus der Irokesen gebaut. Doch war ein Wigwam etwa sechs Meter lang und bot Platz für ein bis zwei Familien, so konnten die Laghäuser bis zu hundert Meter lang und sieben Meter breit sein. Die Reste eines solchen Hauses, in dem eine große Sippe wohnte, haben Archäologen im Staat New York gefunden.
Für die seßhaften Irokesen war das Langhaus mehr als nur Wohnung: Es repräsentierte ihren Staat, dessen Stämme sich zur "Liga des Langhauses" zusammenschlossen - der ersten und einzigen politischen Union der Indianer Nordamerikas.
Das Langhaus der Irokesen ist wie das Wigwam mit Rinde verkleidet. Senkrecht in die Erde gestckte Pfosten tragen ein tonnenförmiges Dach mit ausgesparten Rauchlöchern. In den bis zu 100 Meter langen, etwa sieben Meter breiten, fensterlosen Gebäuden wohnten mehrere Familien einer Sippe zusammen. Jede hatte einen mit Matten abgeteilten Bereich.
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